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3. Try and Error - Der Weg zum richtigen Mast

Gedanken zu Mast Nr. 2

 Unser erster „Mast-Versuch“ war ja leider nicht sehr erfolgreich. Wir hatten es uns, in erster Linie aus Zeitdruck, einfach gemacht und fertige GFK-Rohre mit Glasfasergelege verstärkt. Das Ergebnis war ein viel zu biegsamer und zu flexibler Mast, der nicht besonders vertrauenserweckend war und daher nach Kerteminde konsequent in die Ecke wanderte. Übrigens unser einziges Bauteil, bei dem wir bisher der Meinung sind, es komplett neu überdenken zu müssen.

 

Über Mast Nr. 2 machen wir uns anschließend sehr viele Gedanken. Ein sehr konstruktives Gespräch mit einem anderen Bootsbauer auf der IMM bringt uns auf den neuen Weg: profilierte Masten aus Kohlefaser. Zuerst denken wir noch drüber nach, uns mal eben aus Zeitgründen zwei Masten online zu bestellen (da wir ja einen A-Mast planen, brauchen wir zwei 8 Meter lange Profile), aber die Preise übersteigen die bisherigen Materialkosten unseres Bootes bei weitem. Was sollen die Masten dann erst bei dem großen Trimaran kosten? Freddy arbeitet sich in das Thema Mastbau ein und kommt auf die Idee, unsere Masten mit Kohlefaser-Rovings zu wickeln. Rovings sind auf Rollen gewickelte Faserstränge. Es ist eine sehr günstige und vielfältige, aber auch sehr arbeitsintensive Art und Weise der Kohlefaserverarbeitung. Der große Vorteil ist aber, dass man die Faserrichtung sehr exakt bestimmen und dadurch optimale Kraftverteilung im Mast erreichen kann. Je länger wir uns damit beschäftigen, desto mehr Spaß macht uns diese Idee. Bei dem Gedanken, wie so eine Wickelvorrichtung aussehen könnte, toben wir uns regelrecht aus.

 

Vom Rund zum Tropfen

 Freddy konstruiert als erstes ein vierteiliges tropfenförmiges Mastprofil und lässt sich über einen Konfektionierer entsprechende Styrodurleisten fertigen. Diese werden auf einem im Durchmesser 30mm dicken CFK-Rohr aufgebracht. Zwischen Rohr und Leisten sowie über den Leisten bringen wir weiteres Kohlefasergelege auf. Die Leisten selbst sind mit Bidiagonalgewebe eingeschlagen. Bei der anschließenden Vakuum-Infusion mit Epoxidharz bilden sich stabile Rippen zwischen dem Rohr und der Außenschicht. Das ist unser „Roh-Mast“. In einer sehr ähnlichen Art und Weise haben wir übrigens auch unsere Bootsrümpfe gefertigt.

Ab jetzt wird gewickelt

 Jetzt müssen wir durch verschiedene Wickelwinkel in jede Zug- und Biegerichtung eine Verstärkung durch die Kohlefasern erreichen. Wir entscheiden uns, diesen zweiten Schritt nicht im Vakuum-Infusionsverfahren zu machen, sondern laminieren mit einem sehr langsam reagierenden Epoxidharz direkt per Hand. In mehreren „Wickelsessions“ bringen wir das Rovingmaterial auf. Freddy hat sich eine Wickelvorrichtung gebaut, die er sich auf den Rücken schnallt. Damit geht er am Mast auf und ab. Ich stehe am Ende des Mastes und kurbele, was das Zeug hält. Drei Stunden geben wir uns pro Session. Dann wird es Zeit, den Mast einzupacken und alles unter Vakuum zu ziehen.

 

Damit wir unseren acht Meter langen Mast ordentlich tempern können, denkt sich Freddy einen tragbaren „Temperofen“ aus. Er näht aus Brandschutzgewebe einen Schlauch, den wir mit einem Reißverschluss verschließen können. Dort wird der fertig laminierte und unter Vakuum gezogene Mast reingelegt. Anschließend wird ein Heizlüfter an eine Seite angeschlossen und so tempert der Mast schön vor sich hin und kann aushärten. Das funktioniert super.

Das Ergebnis

 Am ersten Oktober-Wochenende ist es soweit. Mastkopf und Mastfüße sind angepasst und wir riggen am heimischen Lippesee zum erstem Mal auf. Das Lackieren des neuen A-Masts haben wir uns erstmal gespart.

 

Der alte Mast – gut, dass wir so schlecht im Entsorgen sind – findet teilweise eine neue Verwendung: wir recyceln ihn als „Masthaltevorrichtung“. Das ist notwendig, weil meine Armlänge leider nicht ausreicht, um den Mast beim Stellen auf Position zu halten. Auch die alte Saling wird nochmal verwendet. Die neue Saling ist noch in Arbeit.

 

Wir gehen erstmal auf Nummer sicher und spannen nicht nur Vor- und Achterstage, sondern auch noch Querverbindungen. Das Ergebnis gibt uns ein gutes Gefühl. Der Mast scheint sehr stabil zu sein und biegt sich kein Stück, selbst in kräftigen Böen. Wir werden das die nächsten Wochen bis zum Saisonende noch ausgiebig beobachten und auch noch ohne die Querverspannungen testen. Der erste Eindruck ist super und wir können uns vorstellen, die Masten des großen Trimarans auch so zu fertigen.

 

Wir haben den Mast übrigens noch nicht gewogen, schätzen ihn aber etwas schwerer ein als die vorhergehende Variante.