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31. Rodeo-Ritt

Um der Dramaturgie vorweg zu greifen: wir haben den ersten Rückschlag hinnehmen müssen. Die Flutung am vergangenen Wochenende ist nicht zu unserer Zufriedenheit verlaufen. 

 

Dabei waren wir eigentlich sehr zuversichtlich. Zwei, drei Punkte waren uns im Vorfeld bereits aufgefallen, wo wir uns dachten ... hm, nicht ideal, beim nächsten Mittelrumpf würden wir das anders machen ... aber das waren Kleinigkeiten. Etwas andere Spannpunkte, ein etwas flacheres Heck, eine andere Legetechnik beim Glasgelege beispielsweise, aber nichts gravierendes.

 

Wie geplant hatten wir alles für die Flutung am 5.1.2019 vorbereitet. Lochfolie und Fließhilfe angebracht, die Spiralschläuche befestigt, die Vakuumfolie aufgelegt. Das Abdichten der Vakuumfolie hat lange gedauert (wir mussten ja drei Bahnen zusammenbringen), aber keine Probleme bereitet. Um kurz nach 11 Uhr konnten wir die Vakuumpumpen anschmeißen und um kurz nach 13 Uhr haben wir mit dem Anmischen des Harzes gestartet. 12 x 10kg Epoxidharz samt Härter wurden binnen einer Stunde angemischt. 

 

Die erste Stunde nach der Flutung verlief wie erwartet. Das Vakuum war stabil und das Harz lief gut in den Rumpf. Dann deutete sich langsam an, dass hier etwas anders läuft als sonst. Große Flecken Glasgelege blieben ungetränkt. Der betroffene Bereich sollte eigentlich vom Harz getränkt werden, den wir in die Flutkanäle im Decksbereich injiziert hatten. Ein erstes Anzeichen für Harzanhäufungen im Deck. Dann roch es plötzlich stark nach verkokeltem Styrol, der Vakuumdruck fiel massiv und gleichzeitig sackte die Blase zusammen. Wir haben es dann geschafft, das Vakuum zu stabilisieren und gerettet, was noch zu retten gewesen ist, in dem wir während der darauffolgenden Stunden immer wieder die Vakuumpumpen angeschmissen und regelmäßig Luft in die Blase nachgeschoben haben.

 

Was war passiert?

 

Die Harzanhäufungen im Decksbereich haben zu einer starken Temperaturentwicklung geführt und  uns sämtliche Folien, Styrodurleisten und auch die EPS-Platten, die wir als Unterlage verwendet haben, durchgeschmurgelt.

 

Unsere erste Annahme war, dass unsere Idee mit dem einlaminierten Deck aus Styrodurleisten nicht funktioniert hat. Genauer gesagt, dass die Weiterverteilung des Harzes durch die Flutkanäle in den Leisten nicht funktioniert hat und wir deshalb die Harzanhäufungen hatten. Allerdings haben wir das bei unserer PoC bereits gemacht gehabt und da hatte es funktioniert. Bei der PoC ist nur das Deck leicht uneben geworden. Das wollten wir diesmal mit Hilfe der Dreiecksleisten verbessern. 

 

Als Freddy am Tag danach in die Blase klettert, wird jedoch klar, dass der Decksaufbau nicht die Ursache war. Um die recht kühle Umgebungstemperatur in unserer Halle (ca. 18°C) zu kompensieren und das Harz gut fließen zu lassen, hatten wir im Vorfeld verschiedene Maßnahmen ergriffen. Harz und Härter wurden fast zwei Wochen lang in unserem Temperofen auf 40°C vortemperiert. Außerdem hatten wir im Innern der Blase ein Temperiergerät aufgestellt. Und genau dieses thermostatgesteuerte Temperiergerät hat sich als Ursache herausgestellt.

 

Durch die kühle Umgebungsluft haben wir viel Wärme über die große Oberfläche des Rumpfes verloren. Um trotzdem auf die Zieltemperatur von 35°C im Innern der Blase zu kommen, hat das Gerät mit Vollleistung geheizt. Mit einem 9 Meter langem Luftverteilerschlauch sollte die Wärme gleichmäßig in der Blase verteilt werden und genau in diesem Bereich, auf der Länge und Breite des Schlauchs, ist uns die Blase geschmolzen. Die erzeugte Wärme sorgte dann für eine Reaktion im Harz und führte im weiteren Verlauf zu den Harzanhäufungen, wodurch weitere Wärme erzeugt wurde, die dann aufgrund der Styrodur- und EPS-Platten nicht anderweitig abgegeben werden konnte, sondern nach und nach sämtliche Schichten durchgekokelt hat.

 

 

Der übrige Decksbereich außerhalb des Luftverteilerschlauchs ist gut geworden. Das Konzept unserer Decksleisten scheint also grundsätzlich zu funktionieren, was uns zu diesem Zeitpunkt sehr beruhigt. Auch die Berechnung zur Harzverteilung und Harzmenge hätte anderenfalls gepasst. Der Einsatz des Temperiergeräts hat sich bei früheren Flutungsaktionen im Sommer durchaus bewährt. Das Problem war der große Unterschied zwischen Innen- und Außentemperatur. Und auch hier wäre vermutlich alles noch gutgegangen, wenn wir das Temperiergerät beispielsweise aufgehängt statt aufgestellt hätten.

 

 

Wie geht es jetzt weiter?

 

Durch den Verlust der Statik und des Vakuums während des Flutens hat sich die Rumpfform deutlich verzogen. Das zu korrigieren, würde einen riesigen Aufwand bedeuten und trotzdem im Pfusch enden. Wir haben deshalb entschieden, den Mittelrumpf neu zu machen. Allerdings erst, wenn wir wieder etwas höhere Temperaturen in der Halle haben. 

 

Wir müssen dazu sagen, dass wir beim Start dieses Projekts durchaus damit gerechnet haben, dass wir einen Rumpf während des Flutens verlieren können. Es ist und bleibt ein Experimentalbau. Wir sind trotz des vergangenen Wochenendes guter Dinge, was den Mittelrumpf angeht. Im Prinzip hat ja bis auf die Temperierproblematik alles funktioniert wie erwartet. Der neue Anlauf gibt uns zudem die Chance, die leichten Unstimmigkeiten, die uns im Vorfeld aufgefallen waren, zu korrigieren und den nächsten Mittelrumpf noch besser zu machen als der jetzige je hätte werden können.

 

Das aktuelle „Muster“ kann von uns als Grundlage genutzt werden, um notwendige Abstimmungen zu den Seitenrümpfen vorzunehmen. Zum Beispiel können wir jetzt die Positionierung der Schwerter, Schwertkästen, Einstiegsluken, evtl. auch schon der Beam-Auflagen bestimmen. Wir reaktivieren also unsere Seitenrümpfe, bis das Wetter wieder etwas schöner wird. Auch die Mastelemente könnten wir in nächster Zeit angehen.